Während der 96. JuMiKo in Bayern warnen Bundesrechtsanwaltskammer und Landesrechtsanwaltskammern gemeinsam vor einem Entwurf zur Abschwächung des Rechtsdienstleistungsgesetzes. Sie betonen, dass Rechtsschutzversicherer primär wirtschaftliche Ziele verfolgen und aufgrund von Gewinnerwartungen keine neutrale Beratung gewährleisten können. Eine Übertragung von Rechtsdienstleistungen an Versicherer würde systematische Interessenkonflikte verstärken und schutzsuchende Mandantinnen und Mandanten ohne verlässliche Deckungszusagen zurücklassen. Damit wäre der Verbraucherschutz erheblich gefährdet. Jetzt Etablierte Berufsregeln und Haftungsvorschriften würden dadurch ihre Wirkung verlieren.
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BRAK und Landeskammern solidarisieren sich dringend gegen geplante RDG-Änderungsvorhaben
Anlässlich der 96. JuMiKo in Bayern veröffentlichte die Bundesrechtsanwaltskammer am 6. November 2025 eine Presserklärung, in der sie den dort eingebrachten Entwurf zur Änderung des Rechtsdienstleistungsgesetzes scharf verurteilte. Die BRAK betont, dass eine Öffnung des Marktes gegenüber gewinnorientierten Versicherern die unabhängige Beratung unterminiert. Gemeinsam mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Landesrechtsanwaltskammern fordert sie eine eindeutige Ablehnung auf Bundesebene, um die Berufsautonomie und den Verbraucherschutz zu gewährleisten.
Mandanteninformation bleibt oft vollständig aus bei vielen profitgesteuerten Rechtsschutzversicherern
Rechtsschutzversicherer operieren vorrangig nach wirtschaftlichen Ertragsinteressen und zielen auf konsequente Kostenreduktion ab. Diese Ausrichtung eignet sich nicht für eine vertrauenswürdige und mandantenorientierte Rechtsberatung. Würden Versicherer selbst juristische Leistungen übernehmen, entstünde ein Machtgefälle zugunsten ihres eigenen Gewinnstrebens. Versicherte erhielten keine objektiven Informationen über potenzielle Zielkonflikte. Gleichzeitig fehlen institutionalisierte Kontrollmechanismen, um willkürliche Kostenentscheidungen zu verhindern und Verbraucherschutz zu gewährleisten.
Ohne anwaltliche Hilfe fehlen Mandanten effektive Schutzmechanismen gegen Verweigerung
Die tägliche Erfahrung von Anwaltskanzleien zeigt immer wieder, dass Rechtsschutzversicherer anfänglich erteilt erscheinende Deckungszusagen häufig zurücknehmen oder verzögern, bis anwaltlicher Druck ausgeübt wird. Erst nach juristischer Intervention erfolgt in vielen Fällen die vertraglich festgelegte Kostenübernahme, um berechtigte Ansprüche durchzusetzen. Gäbe man Versicherern eigenständige Beratungsbefugnisse, bestünden kaum effektive Schutzmechanismen gegen Haltbarkeitsprüfungen und Leistungsverweigerungen, wodurch Mandantinnen und Mandanten ungeschützt wirtschaftlichen Interessen ausgeliefert wären bei komplexen Rechtsschutzfällen mit hohem Risiko von langen Prozesskosten.
Vorstoß in Bayern unterminiert Neutralität durch Vernachlässigung berufsrechtlicher Normen
Mit der geplanten Reform würden zentrale Standespflichten ausgehebelt, die bislang garantieren, dass anwaltliche Beratung frei von kommerziellen Eigeninteressen bleibt. Berufsrechtliche Normen verpflichten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Mandanteninteressen über ökonomische Erwägungen zu stellen und eine unparteiische, professionelle Dienstleistung zu erbringen. Ohne diesen Schutz entstehen Interessenkonflikte, die Qualität und Neutralität der Rechtsberatung gefährden und Mandantinnen und Mandanten im Streitfall anfällig für einseitige Entscheidungen lassen. Rechtsstaatlichkeit und Verbraucherschutz wären erheblich geschwächt.
Organisatorische Trennung zwischen Deckungsprüfung und Beratung bleibt reine Augenwischerei
Dr. Ulrich Wessels, Präsident der BRAK, bezeichnet die bayerische Initiative zur Änderung des Rechtsdienstleistungsgesetzes als Geschenk an die Versicherungswirtschaft und Nachteil für Mandanten. Er kritisiert, dass die behauptete organisatorische Trennung zwischen Deckungszusage und Leistungserbringung nur theoretisch existiere. In der Praxis würden Rechtsschutzversicherer ihre Profitinteressen stets über die berechtigten Ansprüche ihrer Kunden stellen, was den Grundsatz der unabhängigen und mandantenorientierten Rechtsberatung aushöhle.
Mandantenschutz signifikant gestärkt durch unabhängige Rechtsdienstleistung und verbindliche Berufsregeln
Angesichts des Widerstands von BRAK und den Landesrechtsanwaltskammern bleibt die unabhängige Rechtsberatung stabil geschützt. Mandantinnen und Mandanten profitieren von klaren Rahmenbedingungen, professioneller Neutralität und nachvollziehbarer Prozessgestaltung. Rechtsschutzversicherer können keine wirtschaftlichen Zugriffe auf die Rechtsberatung durchführen. Wirkungsvoll eingebaute Kontrollen bewahren vor Kostenverweigerung und unzulässigen Interessenkonflikten. Die Einhaltung berufsrechtlicher Bestimmungen garantiert gleichbleibend hohe Qualitätsstandards und stärkt das Vertrauen in verlässliche Rechtsdienstleistungen. Langfristig bekräftigt dies die Rolle der Standesvertretungen als Hüter unabhängiger Beratung.

