Biobot Analytics: US-Startup kassiert 4,2 Millionen USD für Covid-19-Forschung im Abwasser

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Covid-19 hat die Welt fest im Griff und die Forschung zu diesem Virus läuft auf Hochtouren. Der Fokus der Forschungen liegt auch auf dem Abwasser. Biobot Analytics hat nun Nachweismöglichkeiten gefunden.

Biobot Analytics: Startup als Ersthelfer

Nein, Biobot Analytics ist kein Ersthelfer im Sinne der Behandlung an Covid-19 Erkrankter. Vielmehr hat es sich das Startup auf die Fahne geschrieben, seinen Fokus auf die Untersuchung von Abwasser zu legen und dort mögliche Infektionsherde zu lokalisieren. Dafür hat das junge Unternehmen aus Massachusetts rund 4,2 Millionen US-Dollar als Startkapital gesammelt.

Was ist Biobot Analytics?

Biobot ist ein junges Unternehmen aus Somerville in Massachusetts. Die Gründer um Newsha Ghaeli haben eigentlich eine Technologie entwickelt, mit der sich Opioide im Abwasser nachweisen lassen. Doch angesichts der Probleme rund um Covid-19 hat das einstige Startup seine Bemühungen und Technologien ausgeweitet und im April 2020 eine Weiterentwicklung der Technologie zur „Abwasserepidemiologie“ vorgestellt.

Es geht darum, allen Forschern ein genaues Bild über die Ausbreitung des Corona-Virus zu ermöglichen und darzustellen, wo das Virus gehäuft auftritt. Bei den jüngsten Nachforschungen zeigte sich nämlich, dass das Virus im Abwasser zu finden ist. Die Überlegung war nun, dass das Abwasser großer Städte regelmäßig überwacht und geprüft werden sollte, um herauszufinden, ob die Konzentration der Viren ansteige.

Für ihre Forschungen sammelten die Gründer von Biobot nun rund 4,2 Millionen US-Dollar ein. Dieses Geld erhielt das Startup zusätzlich zu den bereits etwa 6,7 Millionen US-Dollar, die das junge Unternehmen Biobot für ein Forschungsprojekt am MIT kassiert hatte. Damals wurden fünf Finanzierungsrunden durchgeführt, dann war das Geld für den Einkauf von Saatgut vorhanden.

Das Geld sollte für die Produktentwicklung sowie für die Expansion auf dem Markt verwendet werden. Federführend waren bei der letzten Finanzierungsrunde nicht nur Biobot als Initiator selbst, sondern auch der AmFam Institute Impact Fund, DCVC, The Engine (vom MIT) und Y Combinator.

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Wie führen Opioide zu Covid-19?

Um Abwasser in einen gefahrlosen Zustand, der keinerlei Krankheitsrisiko mehr birgt, zu überführen, ist eine hohe Reinigungsleistung des Abwassers durch entsprechende Technologien erforderlich. Genau daran forscht das Unternehmen Biobot und dies ist auch die Verbindung zwischen Opioiden und Covid-19.

Biobot Analytics arbeitete eigentlich daran, Daten über den Opioidkonsum zu sammeln, wozu Urin- und Stuhlproben aus dem Abwasser entnommen und untersucht wurden. Daraus wiederum konnten Rückschlüsse auf den Gesundheitsstatus der Menschen im Einzugsgebiet der jeweiligen Kläranlage gewonnen werden. Diese Überlegungen stehen auch bei der Untersuchung der Verbreitung von Corona-Viren im Vordergrund.

Die Forscher von Biobot starteten dafür sogar eine Pro-Bono-Aktion, mit der Städte die Möglichkeit bekommen sollten, ihr Abwasser testen zu lassen. Daraus wiederum sollten Rückschlüsse zur Verbreitung der Viren gezogen werden. Es wurde daher an die zuständigen Abteilungen bei der Stadtverwaltung bzw. an die Betreiber von Abwasseranlagen ein Formular geschickt, mit dem das Probenset von Biobot sowie die zur Durchführung nötigen Anweisungen angefordert wurden. Biobot Analytics verlangte dafür nur den Selbstkostenpreis von rund 120 US-Dollar.

Wie sicher sind die Probenbewertungen?

Dass die Viren, die die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen können, auch im Abwasser zu finden sind, ist mittlerweile klar. Auch die Corona-Funde im Schweizer Abwasser belegen, dass das Startup aus den USA Recht hat und sich die Viren hier nachweisen lassen.

Bei der Technologie, die zur Untersuchung der Opioidbelastung durch die Gründer von Biobot eingesetzt wurde, waren erste Erfolge erkennbar. In Cary, North Carolina, ansässige Beamte leiteten Interventionen ein, nach denen Überdosierungen von Opioiden um rund 40 Prozent reduziert werden konnten, was wiederum das Gesundheitssystem der USA stark entlastete.

Ähnliche Erfolge versprechen sich die Forscher nun von ihrem Testkit in Bezug auf die Bewältigung weiterer gesundheitlicher Herausforderungen. Dabei geht es nicht nur um Covid-19, auch wenn das Corona-Virus momentan alles beherrschend zu sein scheint. Auch weitere Umweltfaktoren sollen mit hineinspielen und helfen, das Gesundheitssystem auf Dauer zu entlasten.

Bisher gibt es noch keine bestätigten Ergebnisse zu den Auswertungen. Doch das Forschungspapier vom 7. April 2020 weist darauf hin, dass die Nachweise der Corona-Viren im Abwasser deutlich höher waren, als durch die klinisch bestätigten Fälle angenommen werden konnte.

Das Startup aus den USA fand heraus, dass das Virus, das für Covid-19 verantwortlich ist, auch über den Stuhl ausgeschieden wird. ( Foto: Shutterstock- ART STOCK CREATIVE )

Das Startup aus den USA fand heraus, dass das Virus, das für Covid-19 verantwortlich ist, auch über den Stuhl ausgeschieden wird. ( Foto: Shutterstock- ART STOCK CREATIVE )

Biobot Analytics und seine Tests

Das Startup aus den USA fand heraus, dass das Virus, das für Covid-19 verantwortlich ist, auch über den Stuhl ausgeschieden wird. Im April starteten dann die Tests, mit denen der Nachweis dieses Virusvorkommens möglich werden sollte.

Wie fing Biobot Analytics mit seinen Tests an?

Als die ersten Tests durchgeführt werden sollten, schickte das Team von Biobot Analytics rund 30 Testkits an Abwasseranlagen. Hierbei konzentrierte man sich nicht auf einen einzigen Standort, sondern auf Anlagen im ganzen Land. Grundlage für die Testversendung war die Aussage der Mediziner, dass die Anzahl der bestätigten Fälle wichtig sei.

Nun sollte aus dem Abwasser ein Nachweis gewonnen werden, nach dem die Modelle die Rechnungen der Mediziner unterstützen bzw. genauer werden ließen. Der Grund für die neue Herangehensweise war aber auch, dass die Anzahl der Patiententests sehr begrenzt ist. Man ging davon aus, dass zum Beispiel 2000 Tests durchgeführt wurden.

Wenn nun aber 200.000 Menschen infiziert seien, wüsste man dennoch nur von den 2000 getesteten Infizierten. Die Dunkelziffer bliebe auch weiterhin sehr hoch. Mit der neuen Technologie von Biobot Analytics sollte auch die tatsächliche Zahl erfass- und greifbarer werden, weil der Nachweis über das Abwasser gelänge.

Die dauerhafte Überwachung des Abwassers soll laut Biobot Analytics zu einem festen Warnsystem werden. ( Foto: Shutterstock- Elnur)

Die dauerhafte Überwachung des Abwassers soll laut Biobot Analytics zu einem festen Warnsystem werden. ( Foto: Shutterstock- Elnur)

Wie erfolgt der Nachweis von Covid-19-Neuinfektionen?

Die dauerhafte Überwachung des Abwassers soll laut Biobot Analytics zu einem festen Warnsystem werden. Hierüber könnte man, ähnlich wie bei den Opioiden, den möglichen Anstieg neuerlicher Infektionen nachweisen.

Vereinfacht gesagt: Wenige Ausscheidungen, die im Abwasser nachgewiesen werden, deuten auf eine Beruhigung der Lage hin bzw. auf eine Gemeinde, in der es nicht viele Infizierte gibt. Höhere Werte hingegen zeigen ein umfassendes Infektionsgeschehen im Einzugsbereich der betreffenden Abwasseranlage.

Damit lässt sich im besten Fall auch bestimmen, ob das Infektionsgeschehen weiter zunimmt oder ob es im Rückgang begriffen ist. Die Überwachung des Abwassers auf Hinweise erneuter Infektionsanstiege könnte das Gesundheitssystem entlasten, weil sich alle Verantwortlichen frühzeitig auf das nachfolgende Geschehen einstellen könnten.

Viele Forscher befassen sich in Bezug auf das Corona-Virus damit, wo die Staaten in vier oder acht Wochen sein werden. Wie wird sich das Virus entwickeln und wird es eine zweite Welle geben? Tritt es in bestimmten Städten und Gemeinden verstärkt auf?

Die Daten, die aus den Abwässern gewonnen werden, sollen dabei helfen, das Infektionsgeschehen besser einschätzen zu können und die gestellten Prognosen genauer zu machen. Biobot Analytics hat es sich nicht zur Aufgabe gemacht, ein gänzlich neues System zu entwickeln. Vielmehr möchte man die bereits vorhandenen Möglichkeiten stützen.

Gleichzeitig ist es laut Biobot möglich, dass Interventionen durch die Tests besser zu verfolgen seien und dass eine frühzeitige Warnung möglich sei, wenn das Virus wieder vermehrt auftritt. Hieraus ließe sich eventuell auch ein saisonaler Zyklus erkennen, der bisher immer noch in der Diskussion steht.

Bislang ist es noch nicht sicher, wie lange das Testprogramm fortgeführt werden wird, denn noch ist das Virus aktiv und Gegenmaßnahmen sind unbedingt erforderlich. (Foto: Shutterstock-ART STOCK CREATIVE _)

Bislang ist es noch nicht sicher, wie lange das Testprogramm fortgeführt werden wird, denn noch ist das Virus aktiv und Gegenmaßnahmen sind unbedingt erforderlich. (Foto: Shutterstock-ART STOCK CREATIVE _)

Welche Möglichkeiten gibt es für Biobot Analytics?

Bislang ist es noch nicht sicher, wie lange das Testprogramm fortgeführt werden wird, denn noch ist das Virus aktiv und Gegenmaßnahmen sind unbedingt erforderlich. Das Startup möchte flexibel reagieren können und trifft daher keine Voraussagen zu der weiteren Vorgehensweise.

Momentan möchten die Verantwortlichen das Testprogramm immer noch wöchentlich fortsetzen, wobei die Frist dafür auf sechs bis acht Wochen festgesetzt war. Danach wolle man entscheiden, wie es mit dem Programm weitergeht. Bislang stellen sich somit zwei aufeinander aufbauende Möglichkeiten der Untersuchungen und Tests dar:

  1. Erstellung von Protokollen
    Mithilfe der Tests soll Abwasser auf das Vorhandensein, des Corona-Virus getestet werden. Zu den Ergebnissen werden aussagekräftige Protokolle erstellt. Außerdem sollte eine nationale Kartierung von Covid-19 vorgenommen werden, was in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des MIT, des Brigham and Women`s Hospital und von Harvard möglich ist.

    Die Forscher arbeiten hier unentgeltlich mit, die Gemeinden müssen die Testkits zum Selbstkostenpreis von 120 US-Dollar bestellen. Die Kosten entstehen dabei pro Probe. Die teilnehmenden Gesellschaften sammeln die Proben und schicken sie an Biobot Analytics, von wo aus die weitere Arbeit aufgenommen wird.

  2. Probenentnahme erhöhen
    Die Proben sollten automatisch entnommen werden. Dies ist bisher einmal in der Woche möglich. Doch die Probenentnahme sollte bestenfalls erhöht werden, und zwar auf sieben Tage hintereinander. Diese Vorgehensweise ist ähnlich wie bei der früheren Untersuchung des Opioidkonsums in einer Gemeinde in North Carolina. Durch die höhere Anzahl an Proben wird ein genaueres Bild des Infektionsgeschehens entworfen und die Kartierung aus Punkt 1 ist weitaus exakter möglich.

Welche Firmen unterstützten Biobot Analytics?

Neben den genannten Forschungseinrichtungen sind auch weitere Organisationen und Unternehmen zu nennen, die die Arbeit von Biobot Analytics unterstützen. Für die Produktentwicklung und Unterstützung der Fertigung wandte sich Biobot an FORGE.

Die Organisation gehört zu Greentown Labs und arbeitet gemeinnützig. Greentown Labs wiederum ist das größte Cleantech-Unternehmen auf dem nordamerikanischen Kontinent. FORGE wurde gegründet, um jungen Unternehmen unter die Arme zu greifen und die Produktentwicklung, den Bau von Prototypen und die Produktion zu unterstützen.

Außerdem arbeitet Biobot Analytics mit Boston Engineering zusammen, um die Eigenschaften des Produkts sowie die Haltbarkeit der Tests zu verbessern. Erst 2019 wurden neuerliche Designüberarbeitungen vorgenommen und es wurden allein in diesem Jahr 12 Prototypen hergestellt. Gleichzeitig wurde an weiteren Verbesserungen gearbeitet, die die Fertigung bei Biobot Analytics skalierbar werden ließen.

Mariana Matus, weitere Mitbegründerin von Biobot, zeigte sich in einem Interview erfreut über die Zusammenarbeit mit den genannten Firmen, denn die eigene Arbeit wurde durch diese Unternehmen beeinflusst und verändert.

Boston Engineering hingegen ließ über den CTO Mark Smithers verlauten, dass man stolz darauf sei, ein Unternehmen wie Biobot Analytics zu unterstützen, wenn es ein neues System skalieren wolle, mit dem das öffentliche Gesundheitswesen schnellere und vor allem umsetzbare Erkenntnisse aus der aktuellen Gefahrenlage erhalte.

Somit ergibt sich die viel zitierte Win-win-Situation für alle Beteiligten, wobei die Bürger selbst, die von den Voraussagen zum Infektionsgeschehen profitieren, noch nicht einmal inbegriffen sind.

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