Medizintechnik: Innovative Ideen, die trotzdem scheitern?

0

Die Innovationskraft von Start-ups ist ungebrochen und sorgt dafür, dass immer neue Arbeitsplätze entstehen und angepasste Lösungen gefunden werden. Doch es gibt auch Hürden, die nicht selten zum Scheitern führen.

Start-ups bauen auf eine tolle Geschäftsidee

Es ist die wichtigste Voraussetzung für eine Geschäftsgründung: Das junge Unternehmen hat eine tolle Geschäftsidee und möchte diese umsetzen. Gerade innovative Lösungen für die Medizintechnik sorgen dafür, dass Patienten besser und schneller behandelt und Erkrankungen unter Einsatz geringerer Mittel therapiert werden können.

So entstehen verträglichere Behandlungsmethoden unter anderem durch den Einsatz von Robotern, die leisten können, was Menschen nicht vermögen. Start-ups machen einen großen Teil der Unternehmen im Bereich Medizintechnik aus, wobei ihr Anteil sogar von Jahr zu Jahr steigt. Nicht zuletzt gab es einen Boom durch die Corona-Epidemie und die daraus resultierende verstärkte Nachfrage an entsprechenden Produkten aus dem Bereich Medizintechnik.


So finanzieren sich Start-ups in der Medizintechnik

Die meisten Gründer finanzieren ihr Vorhaben zuerst mit eigenen Mitteln und setzen dafür ihre Ersparnisse ein. Auch Venture Capital und Business Angels kommen zum Einsatz, wobei der Anteil in Deutschland jeweils geringer ist als in den USA. In den Vereinigten Staaten sind fremde Geldgeber deutlich weiter verbreitet und bringen auch größere Summen in das junge Unternehmen ein.

Hierzulande finanzieren sich die meisten Start-ups wie folgt:

  • Eigenkapital, Geld von Freunden und Familie: 67 Prozent
  • Staatliche Förderprogramme: 19 Prozent
  • Venture Capital: 11 Prozent
  • Business Angels: 11 Prozent
  • Sonstiges: 22 Prozent

Mehrfachnennungen waren hier möglich. Gleichzeitig ist zu bemerken, dass der Anteil der Business Angels in den vergangenen Jahren steigt, da immer mehr dieser Geldgeber statt in Aktien lieber in erfolgversprechende Jungunternehmen investieren, die langfristig gesehen eine hohe Rendite versprechen. Gerade der Medizintechnikmarkt bietet sich hier an, denn die Forschungen und Entwicklungen gehen stetig weiter, die Nachfrage auf dem Gesundheitsmarkt nimmt zu.

Gleichzeitig ist zu bemerken, dass es sich um eine der Branchen handelt, die den höchsten Finanzierungsbedarf haben. Der Grund: Neue Produkte sind nicht leicht zu entwickeln, müssen umfassend erforscht und geprüft werden. Deren Zulassung ist mitunter teuer und braucht wiederum viel Zeit.

Ein weiteres Problem: Viele Krankenkassen und Kliniken sind mehr als vorsichtig und bleiben bei ihren bewährten Partnern. Sie geben Newcomern kaum eine Chance, sodass diese nur schwer auf dem Markt Fuß fassen können.

Die meisten Gründer finanzieren ihr Vorhaben zuerst mit eigenen Mitteln und setzen dafür ihre Ersparnisse ein. Auch Venture Capital und Business Angels kommen zum Einsatz, wobei der Anteil in Deutschland jeweils geringer ist als in den USA. ( Foto: Adobe Stock-Kzenon)_

Die meisten Gründer finanzieren ihr Vorhaben zuerst mit eigenen Mitteln und setzen dafür ihre Ersparnisse ein. Auch Venture Capital und Business Angels kommen zum Einsatz, wobei der Anteil in Deutschland jeweils geringer ist als in den USA. ( Foto: Adobe Stock-Kzenon)

Förderprogramme zur Finanzierung nutzen

Immer wieder sind Neuigkeiten aus der Medizintechnik zu hören oder zu lesen. Sie bringen die medizinische Behandlung ein Stück weit voran, doch die Entwicklung und Zulassung der Produkte kostet Geld, was viel Start-ups nicht haben. Unterstützung bieten hier verschiedene Förderprogramme wie das 2021 neu an den Start gegangene Akzelerator-Programm Co-Found, das von Kilo Health ins Leben gerufen wurde.

Unternehmer und Unternehmerinnen, die gemeinsam ein Digital Health Venture gründen wollen, sollen sich dem Programm anschließen, dafür wird eine umfassende Unterstützung bereitgestellt. Abgedeckt werden Kosten für das Marketing und für weitere Ausgaben, die mit der Gründung im Zusammenhang stehen. Außerdem stellt Kilo Health das nötige Branchenwissen zur Verfügung. Junge Unternehmen sollen damit in die Lage versetzt werden, sich voll und ganz auf die fachlichen Inhalte zu konzentrieren und sich keine Sorgen um die Finanzierung ihres Vorhabens machen zu müssen.

Gute Chancen vor allem im Ausland?

Die Unterstützung für Medizintechnik-Start-ups in den USA ist deutlich größer, allerdings haben es ausländische Jungunternehmen schwer, dort Fuß zu fassen. Wie aber sieht es in Österreich und in der Schweiz aus? Vor allem der Schweiz wird bescheinigt, ein erstklassiger Standort zur Gründung eines neuen Unternehmens zu sein. Zum einen stellt der Staat eine umfassende digitale Infrastruktur sowie zahlreiche Förderungen für Start-ups in Aussicht. Zum anderen ist der fachliche Nachwuchs bedingt durch die erstklassige Ausbildung an den Universitäten des Landes vorhanden.

Die meisten Start-ups gründen sich in der Schweiz in den Bereichen:

  • Informatik
  • Ingenieurwissen
  • Medizintechnik

Auch in Österreich ist die Anzahl der jungen Unternehmer in der Medizintechnik stetig steigend. Life Sciences, Software und Konsumgüter sind hier die Bereiche, die neben der Medizintechnik besonders dominant sind. Unterstützung bietet unter anderem das Tech2b, welches als Gründerzentrum durch das Land Österreich und die Hochschulen Oberösterreichs unterhalten wird. Start-ups und Spin-offs aus Oberösterreich werden damit gefördert, somit haben auch hier deutsche Gründer kaum Chancen auf Unterstützung. Dort bescheinigt man übrigens den Bereichen Umwelt- und Medizintechnik die größten Wachstumschancen innerhalb der nächsten Jahre.


Daran scheitern Start-ups in der Medizintechnik

Die meisten Start-ups aus dem Bereich Medizintechnik entstehen in einem klinischen oder universitären Umfeld. Es wäre daher zu kurz gedacht, den Gründern mangelndes Fachwissen zu unterstellen. Vielmehr sind es nicht selten finanzielle Gründe, die dazu führen, dass die eigentlich sehr gute Geschäftsidee nicht mehr weiterverfolgt werden kann.

Werden keine Business Angels gefunden, die bereit sind, in das junge Unternehmen zu investieren, bleibt dieses oft auf der Strecke und muss Insolvenz anmelden, noch ehe es die Chance auf einen Erfolg hatte. Doch auch andere Gründe sind für das Scheitern der Medical Start-ups verantwortlich.

Die Unterstützung für Medizintechnik-Start-ups in den USA ist deutlich größer, allerdings haben es ausländische Jungunternehmen schwer, dort Fuß zu fassen. ( Foto: Adobe Stock-  Seventyfour)

Die Unterstützung für Medizintechnik-Start-ups in den USA ist deutlich größer, allerdings haben es ausländische Jungunternehmen schwer, dort Fuß zu fassen. ( Foto: Adobe Stock- Seventyfour)

 

Die wichtigsten Hürden für Medical Start-ups

Nur sehr wenige junge Unternehmen, die sich in der Medizintechnik gründen, haben später Erfolg mit ihren Produkten. Der weitaus größere Teil scheitert teilweise sogar schon kurz nach der Gründung.

Ein Überblick über die häufigsten Hürden, die nur die wenigsten Start-ups meistern können:

Fehlende Finanzierung

Auf das Problem der mangelnden Finanzierbarkeit der teuren Zulassungsverfahren wurde bereits verwiesen. Die fehlende Finanzierung bei gleichzeitig hohen Kosten ist der häufigste Grund für das Scheitern von Medical Start-ups.

Anforderungen durch gesetzliche Vorgaben

Nicht nur das strenge Datenschutzrecht erweist sich mitunter als problematisch. Auch andere Rechtsgebiete wie das Wettbewerbsrecht, das Patentrecht oder das Sozialrecht können betroffen sein und müssen entsprechend berücksichtigt werden.

Fehlender Bedarf

Viele Kunden sind von einem Produkt überzeugt, sehen aber die schwierige Wirtschaftslage in der Medizintechnik und überhaupt in der Wirtschaft als Grund, um nicht zu investieren.

Sie möchten kein Geld für neue Produkte ausgeben, auch wenn diese eine deutliche Verbesserung versprechen. Damit fallen diese Kunden für das Start-up weg. Zugleich ist es häufig nötig, Abläufe zu ändern und sich auf etwas Neues einzustellen. Auch das wird von möglichen Kunden häufig abgelehnt, was das Etablieren neuer Produkte erschwert oder sogar unmöglich macht.

Kein Nutzen des Produkts

Die Idee ist zwar gut, doch die Krankenkassen und andere Kostenträger wollen einen Nachweis über den Nutzen des Produkts haben. Dieser kann nicht gegeben werden, weil er zu zeit- und kostenaufwendig ist?

Schon winken alle Kostenträger ab und die weitere Produktentwicklung ist zum Scheitern verurteilt. Nicht selten gibt es zudem keinen ökonomischen Nutzen durch die Neuentwicklung oder die jungen Firmen liefern keine belastbaren Quellen, die den Nutzen des Produkts belegen könnten.

Hohe regulatorische Anforderungen

Es müssen viele verschiedene Anforderungen bis zur Zulassung gemeistert werden: Ist das Produkt als Medizinprodukt einzustufen? Welches Zulassungsverfahren kommt infrage? Muss ein Qualitätsmanagement eingerichtet werden?

Weitere Aspekte dabei betreffen die klinische Bewertung, die gesetzeskonforme Entwicklung von Softwares und das Risikomanagement. Nicht selten zeigen sich auf dem Weg zur Erfüllung der Anforderungen zahlreiche Probleme oder den Start-ups geht schlichtweg das Geld aus.

Mangelnde Erstattung der Kosten

Die meisten Medical Start-ups bauen darauf, dass ihre Kosten zeitnah durch Ärzte, Krankenhäuser und Gesundheitsdienstleister bezahlt werden. Doch die Kostenerstattung erweist sich vielfach als deutlich zu aufwendig. Der Prozess bis zum tatsächlichen Geldeingang ist lang und viele Gründer können die Finanzierung bis dahin nicht stemmen. Sie müssen aufgeben, auch wenn sie eigentlich eine gute Geschäftsidee und ein optimal entwickeltes Produkt haben.

Lassen Sie eine Antwort hier