Arbeitszeitbetrug: wie decken Detektive solche Straftaten auf?

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Arbeitszeitbetrug ist eine Straftat – daran ist nicht zu rütteln. Arbeitgeber sitzen hier in der Klemme, da einerseits durch den Arbeitszeitbetrug des Arbeitnehmers fortgesetzt Schaden entsteht, andererseits der Gesetzgeber die Kontrollmöglichkeiten durch den Arbeitgeber eingeengt hat. Somit haben es Arbeitgeber nicht nur schwerer, einen Arbeitszeitbetrug zu erkennen, auch im Nachweis der Straftat sind ihnen die einfachsten Mittel oft verwehrt. Unsere Redaktion sprach mit dem Privatermittler Marcus R. Lentz, dem Geschäftsführer der gleichnamigen Detektei in Heidelberg.

Arbeitszeitbetrug: worum geht es?

Wenn Mitarbeiter die vereinbarten Arbeitszeiten nicht einhalten und ohne Absprache mit dem Arbeitgeber großzügig Freizeit und private Erledigungen in den Arbeitstag einflechten, erlebt man die gleichen Mitarbeiter sehr kreativ beim Verschleiern ihres Verhaltens. Doch das Nichteinhalten der Arbeitszeiten ist kein Kavaliersdelikt. Insbesondere dann, wenn die Eigenmächtigkeiten in betrügerischer Weise verschleiert werden, handelt es sich schlicht um eine Straftat: um Betrug. Dieser Straftatbestand ist nach §263 StGB. immer dann erfüllt, wenn ein Täter (in diesem Falle der Arbeitnehmer) das Opfer (in diesem Falle den Arbeitgeber) finanziell (durch die Lohnzahlung) schädigt und hierdurch einen eigenen Vermögensvorteil (die Lohnzahlung, trotz nicht Erbringung der Arbeitsleistung) erschleicht.

Raucherpausen werden oft zum Streitpunkt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, vor allem dann, wenn diese nicht korrekt als Nicht-Arbeitszeit deklariert werden. In diesem Fall handelt es sich schlicht um Arbeitszeitbetrug. (Foto: shutterstock - Diego Cervo)

Raucherpausen werden oft zum Streitpunkt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, vor allem dann, wenn diese nicht korrekt als Nicht-Arbeitszeit deklariert werden. In diesem Fall handelt es sich schlicht um Arbeitszeitbetrug. (Foto: shutterstock – Diego Cervo)

Beispiele für Arbeitszeitbetrug

Oft sprechen Angestellte vom „Schummeln“, doch Arbeitszeitbetrug hat wenig mit Schülerstreichen zu tun. Ein gängiges und häufiges Beispiel für Arbeitszeitbetrug sind private Telefonate am Arbeitsplatz während der Dienstzeit. Diese sieben Beispiele gelten als die häufigsten.

  1. Manipulation und Missbrauch von Stempeluhren

    Der Betrug beginnt oft schon bei der Arbeitszeiterfassung. Der Betrug mit der Stempelkarte an der Stempeluhr umfasst das bewusste Nicht-Stempeln vor und nach Arbeitspausen ebenso wie das Stempeln zum Arbeitszeitbeginn, wenn noch private Erledigungen vorgenommen werden. Auch das Ausstempeln vor privaten Erledigungen zählt dazu. Ein besonders schwerwiegender Fall von Arbeitszeitbetrug liegt vor, wenn Kollegen an Stelle des Mitarbeiters mit dessen Stempelkarte ein- oder ausstempeln. Nicht selten wird ein solcher Betrug mit wechselnden Rollen über lange Zeiträume begangen. Während sich der Arbeitnehmer bei einem einmaligen Nicht-Stempeln noch mit einem Versehen herausreden kann, gilt dies bei mehrfachem Nicht-Stempeln ebenso wenig, wie bei dem Betätigen der Stempeluhr (Stechuhr) durch einen Kollegen. Hier ist in jedem Fall von Vorsatz, also von Betrug, auszugehen.

  2. Falsche Angaben zu den Arbeitszeiten

    Dieser Punkt geht weit über den Fall der Stempeluhren hinaus. Werden betriebsintern Arbeitszeitübersichten (z.B. Timesheets) geführt, müssen dort alle Angaben zu Arbeitszeitbeginn und Arbeitszeitende wahrheitsgemäß erfolgen. Auch ein Ab- oder Aufrunden auf Viertelstunden stellt bereits einen Betrug dar.

  3. Private Telefonate am Arbeitsplatz in der Dienstzeit

    Die Länge des Telefonats ist dabei unerheblich und auch der Anlass. Ausnahmen können lediglich absolute Notfälle sein, die dann allerdings begründet und auf ein notwendiges Minimum beschränkt werden müssen. Zwei Beispiele: ein Familienmitglied, das ins Krankenhaus kommt und der Arbeitnehmer wird darüber informiert oder ein Wasserrohrbruch in der eigenen Wohnung des Arbeitnehmers.

  4. Das Verfassen und der Empfang von privaten Nachrichten

    Dazu zählen Kurznachrichten über einen Messenger, Facebook oder WhatsApp ebenso wie E-Mails. Hier gilt lt. Arbeitsrecht eine Null-Toleranz-Grenze.

  5. Das private Surfen im Internet

    Die Nutzung des Internet zu privaten Zwecken beinhaltet jegliches Surfen, welches nicht dienstlichen Zwecken dient. Dazu zählen unter anderem Einkäufe bei ebay oder Online-Shops ebenso wie die Lotto-Zahlen und Google-Recherchen zu privaten Themen. Auch hier gilt eine Null-Toleranz-Grenze. Interessanterweise gilt dieses Verbot auch in den Pausen, da der Arbeitnehmer ja verbotenerweise das Eigentum des Arbeitgebers (den PC) für diese Tätigkeiten nutzt!

  6. Lesen der Zeitung in der Arbeitszeit

    Wo die Zeitung oder ein anderes nichtdienstliches Dokument gelesen wird, ist dabei unerheblich. Der Arbeitsplatz ist ebenso unzulässig wie die Toilette oder ein anderer Ort auf dem Werksgelände.

  7. Nicht registrierte Raucherpausen

    Raucherpausen sind immer wieder Anlass für Kündigungen (siehe Urteil vom 27.06.2012 des Landesarbeitsgerichts Bremen, Aktenzeichen: 2 Sa 43/11).

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Kontaktdaten

Marcus R. Lentz
Detektei Lentz GmbH & Co. KG
Altrottstraße 31
69190 Walldorf
Tel.: +49 6227 381 100
Web: Detektei Lentz Heidelberg

Interview mit Marcus R. Lentz:
„Das Dilemma der Arbeitgeber“

Was sich als Katalog von Beispielen sehr transparent liest, birgt in der Realität viele Stolperfallen für Arbeitgeber. Wie sich der Umgang mit dem Betrug rund um Arbeits- und Pausenzeiten in der Praxis gestaltet, wollten wir genauer wissen. Wir haben dazu einen Experten befragt, der berufsbedingt mit Praxisfällen konfrontiert ist. Marcus R. Lentz ist Privatermittler und führt die gleichnamige Heidelberger Detektei.

Redaktion
Guten Tag Herr Lentz, immer wieder liest man in der Presse von Kündigungen durch Arbeitgeber gegen betrügerische Arbeitnehmer, die vor Gericht dann plötzlich doch keinen Bestand haben. Wie ist das tatsächlich in der Praxis?

Marcus R. Lentz
Herr Beilhammer, das ist in der Tat sehr oft traurige Praxis, nicht nur in Heidelberg. Es kommt oft vor, dass Mitarbeiter, denen wegen Arbeitszeitsbetrug gekündigt wurde, in einer Kündigungsschutzklage Erfolg haben und der Arbeitgeber zu einer Weiterbeschäftigung gezwungen wird.

Redaktion
Welche Ursachen hat diese „gefühlte Ungerechtigkeit“?

Marcus R. Lentz
Es liegt beispielsweise daran, dass der Arbeitgeber nur eingeschränkte Möglichkeiten hat, einen bestehenden Verdacht durch eine Überwachung zu überprüfen. Ein Arbeitgeber darf beispielsweise keinen Keylogger einsetzen, um private Nutzungen des dienstlichen PCs zu identifizieren. Wer also wie so oft durch Zufall auf eine Verfehlung des Arbeitnehmers stößt, kann oft nicht überprüfen, ob es sich um eine einzelne Übertretung von Absprachen handelt oder um systematischen und einen bereits lange anhaltenden Betrug.

Oft sind derlei Fälle pikant: ich erinnere mich an einen Fall, den Detektive aufdecken konnten, bei dem der Arbeitszeitbetrug durch einen Vorgesetzten gedeckt war. Der Vorgesetzte hatte dem Arbeitgeber falsche Arbeitszeiten der Mitarbeiterin berichtet. Der Fall erhielt zusätzlich „Würze“, als offenbar wurde, dass es sich bei der Mitarbeiterin um die Ehefrau des Vorgesetzten handelte.

Eine besondere Situation ergibt sich durch die Zunahme der Arbeitsplätze in virtuellen Büros und im Home-Office.

Redaktion
Welche Möglichkeiten zur Überprüfung dürfen Arbeitgeber nutzen?

Marcus R. Lentz
Wird ein Mitarbeiter verdächtigt, die Arbeitszeiten nicht einzuhalten, bietet sich vor allem die Observation an. Sehr wirkungsvoll ist auch die verdeckte Videoüberwachung. Von einer verdeckten Videoüberwachung raten wir allerdings dringend ab. Hier wird häufig das Persönlichkeitsrecht so stark beeinträchtigt, dass diesen heimlich angefertigten Videoaufnahmen vor dem Arbeitsgericht ohnehin keinerlei Beweiskraft mehr zukommt. Ziel ist hier in jedem Fall die Dokumentation des Mitarbeiterverhaltens. Welches Mittel gewählt wird, hängt auch davon ab, wo ermittelt werden muss. Stehen Außendienstmitarbeiter im Verdacht, die Arbeitszeiten sehr großzügig auszulegen, liefert eine Observation sehr gute Resultate und wäre die beste Wahl.

Die Observation scheidet jedoch bei einem Mitarbeiter im Innendienst meist aus. Die Firmenräumlichkeiten lassen dies nur selten zu. Auch von einer permanenten Videoüberwachung der Arbeitnehmer rate ich dringend ab! Hier entscheiden Arbeitsgerichte praktisch immer zu Gunsten der Arbeitnehmer! Hier bietet sich ggf. an, einen Detektiv quasi als verdeckten Ermittler einzuschleusen. Als getarnter Arbeitnehmer ist er im Betrieb tätig und führt die Personalüberwachung und deren Dokumentation vor Ort durch.

Ob der fragliche Mitarbeiter durch drei bis vier Detektive oder einzelne Spezialisten rechtskonform, lückenlos und vor allem unbemerkt überwacht wird, ob der Zwei-Wochen-Zeitraum voll ausgeschöpft werden muss oder ob man die tatsächliche Wochenarbeitszeit in kürzerem Zeitraum ermitteln kann, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.

Redaktion
Herr Lentz, das klingt so, als bietet Ihre Detektei in Heidelberg die Trumpfkarte für geschädigte Arbeitgeber. Ist das so?

Marcus R. Lentz
Grundsätzlich ist ein Beratungsgespräch mit uns die erste und wichtigste Trumpfkarte des Arbeitgebers. Die Dokumentation der Straftaten der Mitarbeiter wird nämlich nur dann einen Erfolg für den Arbeitnehmer ermöglichen, wenn der rechtliche Rahmen beachtet wird, in dem sich Arbeitgeber und Detektei bewegen müssen.

Grundvoraussetzung für alles Vorgehen ist der begründete Verdacht. Doch auch die Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern müssen beachtet werden. Andernfalls drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen. Dazu zählt beispielsweise, dass eine Observation nicht beliebig lange und ohne konkreten Verdacht durchgeführt werden darf. Der Detektiv-Einsatz zur Dokumentation eines Falles von Arbeitszeitbetrug wird beispielsweise auf eine Zeitdauer von zwei Wochen begrenzt. Das Beratungsgespräch dient somit als wichtiger Einstieg in den konkreten Fall. Ziel ist es auch stets zu identifizieren, wie der mögliche kurze Überwachungszeitraum effizient genutzt werden kann, um auch tatsächlich verwertbare Informationen zu erhalten. Unterschiede in der Vorgehensweise ergeben sich auch aus dem betrieblichen Umfeld. Öffentliche Verwaltung, Kleinbetriebe, Großbetriebe mit industrieller Produktion und Dienstleistungsbetriebe erfordern jeweils unterschiedliche Konzepte.

Redaktion
Das hört sich nun weniger nach Sherlock Holmes an, sondern mehr nach akribischer Präzisionsarbeit. Wovon hängt der Erfolg Ihrer Mission ab?

Marcus R. Lentz
Der Erfolg unserer Mission hängt auf unserer Seite von der sicheren Kenntnis und der peinlichen Einhaltung des rechtlichen Rahmens ab. Wichtig für den Erfolg ist auch die Mitarbeit des Arbeitgebers. Vieles ist im Betrieb zu dokumentieren, so dass es später gerichtlich verwertbar wird. Hier hilft die Erarbeitung von Checklisten dem Arbeitgeber, bei der wir gerne Erfahrung weitergeben.

Redaktion
Wer muss die Kosten einer Personalüberwachung tragen?

Marcus R. Lentz
Zunächst einmal gilt hier das Bestellerprinzip. Derjenige der die Leistung bestellt, bezahlt. Also der Arbeitgeber. Aber die Kosten einer rechtskonformen Observation stellen „Kosten der notwendigen Beweisführung“ dar und können vom geschädigten Arbeitgeber nach §91 ZPO meist vom Arbeitnehmer zurückgefordert werden. Auslöser hierfür ist, dass die vorgenommenen Maßnahmen unerlässlich sind und es im möglichen Rechtsstreit erst ermöglichen, den Mitarbeiter des Betruges zu überführen. Hier stehen die Detektivkosten für Obeservationen, Ermittlungen und Recherchen im Kontext der weiteren Rechtsverfolgungskosten. Wichtig ist hier ebenfalls die Qualität der gelieferten Dokumentation des Falles. Grundlage ist dabei die TÜV-Zertifizierung nach DIN SPEC 33452 für „geprüfte und nachweisbare Qualität bei Privat- und Wirtschaftsermittlungen“.

Redaktion
Herr Lentz, vielen Dank für das Interview

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