In der Schweiz gibt es einzelne Spitzenverdiener, die sich einige wenige Wohnorte in bestimmten Regionen aussuchen. Nun haben die Schweizer aber Angst davor, dass sich am Vierwaldstättersee eine soziale Ballung ergibt – ein Ghetto der Reichen, sozusagen. Als Wohndomizil ist der Vierwaldstättersee durch seine Lage und sein besonderes Klima beliebt, kein Wunder also, dass sich hier niederlässt, wer es sich leisten kann. Dazu kommt, dass alles vorhanden ist, was die Einwohner brauchen, sie müssen ihren Bezirk nicht einmal verlassen. Leben dort, wo andere Urlaub machen – bei den gegebenen Bedingungen am Vierwaldstättersee ist das nur eine Frage des Einkommens.
Hotspots für Reiche?
Gerade der Vierwaldstättersee sowie der Raum rund um den Genfersee zeichnen sich schon seit ungefähr 1973 dadurch aus, dass sich hier die obersten Prozent der am besten Verdienenden niederlassen. Es gibt eine Ballung der ökonomischen Kraft, es entstehen Hotspots für die Reichen. Auch rund um den Zürich- und den Zugersee entstehen solche Gebiete. Die Innerschweiz geht hier als großer Gewinner im Kampf um die gut verdienenden Einwohner hervor, Verlierer ist das Mittelland. Vor allem Bern und Biel sehen sich auf der Verliererseite. Bis 1973 waren sie glückliche „Besitzer“ der Topsteuerzahler – heute sieht die Sache anders aus.
Nun spricht sogar die Eidgenössische Steuerverwaltung von einer sozialen Segregation, obwohl sie gleichzeitig einräumt, dass die sozialen Schichten im Land gut verteilt bzw. durchgemischt seien. Die räumliche Trennung von Haushalten mit Gutverdienern und solchen, die eher wenig verdienen, zeichnet sich aber dennoch ab.
Zwischen den Kantonen haben sich soziale Ungleichheiten gebildet, die sich augenscheinlich immer weiter vergrößern. Verglichen wurden hier die Daten von 2003 und von 2010 mit dem Ergebnis, dass vor allem die Kantone Zug und Schwyz deutlich zugelegt haben. Die Löhne sind dort seit 2003 enorm gestiegen, was sich natürlich in der Kaufkraft der Betreffenden zeigt und somit auch in den Möglichkeiten des Wohnens.
Insgesamt lässt sich beobachten, dass es in der Schweiz nur wenige dieser Hotspots für Reiche gibt, diese sind aber geografisch gesehen relativ groß. So gehört eben der gesamte Vierwaldstättersee dazu und bietet in jeder seiner Teilregionen etwas Besonderes für die (reichen) Einwohner.
Allen geht es besser?
Die Leute, denen es vorher schon gut ging, geht es nun noch besser – so das Ergebnis der betreffenden Studien. Einst war aber auch Obwalden als „Armenhaus“ bekannt – hier sind große Zuwächse zu verzeichnen. Es geht also auch denen besser, die vorher schlechter gestellt waren. Insofern sind die Unterschiede zwischen den Schichten nicht signifikant größer geworden, sie haben sich lediglich in der Gesamtheit verschoben. Zurückzuführen ist die Verbesserung in den Kantonen, in denen vorrangig die ärmeren Menschen lebten, vor allem auf die Tatsache, dass gut situierte neue Einwohner zugezogen sind. Gerade die kleinen Kantone lockten mit Steuersenkungen, von diesen wiederum haben sich zahlreiche Menschen anlocken lassen.
In der gesamten Schweiz sind die Löhne um durchschnittlich 0,5 Prozent gestiegen, wobei die allgemeine Teuerungsrate hier schon berücksichtigt worden ist. In Bern jedoch lag dieses Wachstum weit unter dem Durchschnitt, was auch für Zürich zutrifft.
Die Ungleichheiten sind von Delsberg bis Zugersee so stark, dass viele Leute einen Finanzausgleich in großem Umfang fordern. Die Umverteilung soll stärker durchgeführt werden, wünschen die Befürworter des Finanzausgleichs. Dieser wird bereits vorgenommen, sollte jedoch ein wenig eingeschränkt werden. Dies wiederum stieß auf wenig Gegenliebe im Bundeshaus. Der Bundesrat hatte eine Minderung des Ausgleichs empfohlen, das Bundeshaus konnte mit dieser Empfehlung nicht mitgehen. Zug und Schwyz sind davon besonders betroffen und müssen Gelder in höherem Maße abliefern.
Regionales Lohngefälle in der Schweiz
Der Finanzausgleich soll auf der einen Seite das regionale Lohngefälle der Schweiz ausgleichen und relativieren. Auch die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten werden dabei berücksichtigt und sollen durch das Lohngefälle angepasst werden. Das hat zur Folge, dass ein Franken nicht überall gleich viel wert ist – in Brig beispielsweise weniger als in Genf. Nimmt man das Beispiel des Ehepaares, welches über ein Bruttoeinkommen von 250.000 Euro verfügt und nach Abzug sämtlicher Steuern und Unkosten noch 100.000 Franken in Altdorf übrig hat, aber nur noch 20.000 Franken in Zürich, so wird das Gefälle beim Einkommen mehr als deutlich.
Der Vierwaldstättersee als Anziehungspunkt
Nun befürchten viele Schweizer, dass der Vierwaldstättersee ein Ghetto für Reiche wird. Hierher ziehen schon jetzt fast nur noch die Menschen, die über ein deutlich überdurchschnittliches Einkommen verfügen. Andere kaufen sich ein Feriendomizil dort und genießen ihren Reichtum. Die ärmeren Menschen können sich den Vierwaldstättersee als Lebensregion längst nicht mehr leisten. Doch was ist am Vierwaldstättersee so besonders?
Die Stadt Luzern am Vierwaldstättersee ist international bekannt und ein Anziehungspunkt für Gäste aus aller Welt. Auch die Ferienorte Vitznau und Weggis erfreuen sich größter Beliebtheit. Der See selbst liegt eingebettet in einem tollen Bergpanorama und besitzt kleine, romantische Buchten. Das Besondere ist hier aber nicht nur die gut ausgebaute touristische Infrastruktur, auch das Klima sucht seinesgleichen. Die Berge schützen die Region am Vierwaldstättersee vor Kälteeinflüssen, sodass hier Feigen, Yuccapalmen und Zypressen gedeihen. Reiche Menschen mit einem Faible für warme Regionen sind hier daher an der besten Adresse.
Die Rigi – die „Königin der Berge“ – am Vierwaldstättersee kommt auf eine Höhe von 1.800 Metern und bietet die Möglichkeit für ein 360-Grad-Panorama. Der Pilatus, Hausberg der Stadt Luzern, ist ebenfalls ein touristisch interessantes Ziel, zumal hier zahlreiche Restaurants zu finden sind, die zum Verweilen und Genießen einladen. Einzigartig ist auch die Cabrio-Bahn, die Besucher bis aufs Stanserhorn bringt.
Auch kulturell ist am Vierwaldstättersee einiges los
Der Vierwaldstättersee ist aber auch ein beliebtes Ziel für Aktivurlauber oder Kultursüchtige. Luzern ist zudem nicht nur eine der schönsten Städte der Welt, sondern auch das wirtschaftliche Zentrum der Zentralschweiz. Dazu die einmalige Lage – schöner kann Wohnen nicht sein.
Gleichzeitig bietet Luzern neben all seinen Museen, Theatern und Galerien sowie dem städtischen Flair einen unglaublichen Charme – der dörfliche Charakter von einst ist in vielen Regionen der Stadt und des Umlandes vorhanden geblieben. Insofern stellt die Stadt am Vierwaldstättersee eine ideale Kombination aus dem bequemen Stadtleben und dem romantischen Leben auf dem Dorf dar. Dazu kommt, dass der Vierwaldstättersee selbst mit seinem Panorama besticht sowie mit den zahlreichen Veranstaltungen, die regelmäßig auf dem See stattfinden.
All diese Dinge lassen den Vierwaldstättersee zu einem idealen Urlaubsort werden – und wer möchte nicht gern dort leben, wo der Urlaub so schön ist? Wer es sich leisten kann, lässt sich daher am Vierwaldstättersee in der Schweiz nieder. So zieht die Region einen Besserverdiener nach dem anderen an – zu Recht befürchten die Schweizer hier eine Ghettobildung. Ob und in welcher Form der Finanzausgleich auch hier weiter vorangetrieben wird, steht noch in den Sternen. Fakt ist aber, dass bei vielen Menschen bereits Unmut über die großen sozialen Unterschiede herrscht. Wer es sich leisten kann, zieht an den Vierwaldstättersee und lebt dort unter seinesgleichen. Die ärmeren der Gesellschaft bleiben in ihren Regionen und so trennen sich die sozialen Schichten ganz allmählich voneinander. Zumal am Vierwaldstättersee alles vorhanden ist, was das Herz der Einwohner begehrt. Schulen und Kulturangebote, Sportmöglichkeiten, die schöne Landschaft, Einkaufsangebote und vieles mehr. Die Menschen, die hier wohnen, müssen die Region nicht einmal mehr verlassen, wenn sie nach Abwechslung oder Unterhaltung streben. Insofern stellt sich die Frage zu Recht: Bildet sich am Vierwaldstättersee ein Ghetto? Momentan muss die Frage mit „Ja“ beantwortet werden, denn derzeit sieht alles danach aus. Umgekehrt gibt es diese Ghettobildung aber auch in anderen Regionen, hier nur eben mit den sozial schlechter gestellten Schichten. Dies dürfte besonders auf die Kinder Auswirkungen haben, die innerhalb des jeweiligen Ghettos erwachsen werden und mit anderen sozialen Schichten kaum in Kontakt kommen.
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