Die Brauerei Warsteiner – Traditionsbrauerei und Bierriese – verliert nach wie vor Marktanteile. Steter Tropfen höhlt auch hier den Stein und so langsam schwimmen der Brauerei die Felle weg. Catharina Cramer, Eigentümerin von Warsteiner, hat nun als letzte Konsequenz Martin Hötzel engagiert, der mit der Marke – personell und finanziell – aufräumen soll. Er gilt als letzte Chance für Warsteiner.
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Brauerei Warsteiner: Ein schweres Erbe
Albert Cramer war ein übermächtiger Chef und Eigentümer der Brauerei Warsteiner. Eineinhalb Jahre nach seinem Tod bat Tochter Catharina Cramer die Vertriebler ins Hotel und gab die Übernahme der Firmengeschäfte bekannt. Ein gewagtes Unterfangen, gilt das Brauen von Bier doch immer noch als reine Männerdomäne. Misstrauische Blicke waren ihr gewiss.
Die Familie Cramer braut bereits seit 1753 Bier – Catharina hatte nun den Masterplan bis 2020 parat. Warsteiner sollte sein Premium-Image pflegen und auch weiterhin als Familienbetrieb geführt werden. Doch in den folgenden Monaten brach der Umsatz ein.
Eine Preiserhöhung brachte die Strafe durch die Verbraucher – von Premium war keine Spur mehr. Eher wurde die Warstein-Brauerei mit einer Billigmarke gleichgesetzt. Nicht einmal die Fußball-WM brachte den erhofften Erfolg, hier profitierten Bitburger und Krombacher, die größten Konkurrenten. Noch im Herbst 2013 trennte sich Catharina Cramer von mehreren Vertrieblern und nahm eine Zusammenlegung der Verkaufsregionen vor.
Außerdem wurde zum Oktober 2014 der neue Spitzenmanager vorgestellt: Martin Hötzel, einst Chef von Red Bull Deutschland. Seit Januar 2014 war er bereits bei der Brauerei Warsteiner beschäftigt, seit Beginn 2015 nun führt er die Bereiche Marketing und Vertrieb. Auch er tritt einen schweren Job an.
Brauerei Warsteiner und die letzte Chance auf Erfolg
Catharina Cramer wird nun zwar als geschäftsführende Gesellschafterin tätig bleiben, die operativen Geschäfte gehen aber allesamt an Martin Hötzel über. Er ist nun die wohl letzte Chance für die Brauerei Warsteiner – kann er den Niedergang der Marke nicht begrenzen, wird aus Warsteiner wohl nur noch eine lokale Größe werden. Hohe Erträge könnte dann niemand mehr garantieren oder auch nur in Erwägung ziehen.
Martin Hötzel soll nun dafür sorgen, dass der Erfolg von Red Bull bzw. das coole Image ein bisschen auf die Brauerei Warsteiner überschwappt – wie genau, steht noch in den Sternen. Erste Entwürfe gibt es aber bereits, wie die Änderung der Markenfarbe von Geld auf Schwarz. Das Image soll frischer werden, die Marke jünger wirken. Jüngere Menschen können sich weniger mit Warsteiner identifizieren, daher die Änderungen.
Außerdem soll der Absatz über den Verkauf von alkoholfreien Produkten gesteigert werden. Außerdem geht es um den Erwerb von Marktanteilen im Ausland. Allerdings gehen Experten davon aus, dass das Glas für die Brauerei Warsteiner schon mehr als halb leer ist. Wenn Martin Hötzel es schaffen sollte, der Marke wieder zum Aufwind zu verhelfen, sollte er sich vor Jobangeboten kaum retten können.
Brauerei Warsteiner: Falsche Entwicklungen auf jeder Ebene
Die Brauerei Warsteiner gilt als Premiummarke – das Bier ist traditionsreich, schmeckt gut und die Marke ist sympathisch. Doch all die positiven Aspekte halfen Warsteiner nicht, als der Preis pro Flasche gleich um mehrere Cent angehoben wurde. Vergessen war alle Markentreue, die Kunden liefen zur Konkurrenz über.
Damit war der Versuch, den sinkenden Umsatz durch einen höheren Preis zu kompensieren, von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Bemerkenswert ist an dieser Stelle auch, dass rund 60 Prozent der Produkte bei Marketingaktionen regelrecht verramscht werden – ist dies einer Premiummarke wirklich würdig?
Albert Cramer hatte es einst geschafft, das Bier der Marke Warsteiner zu einem champagnergleichen Getränk zu erheben, er sprach mit seinen Aktionen sogar die Frauen als Zielgruppe an. Das Bier wurde nicht mehr verkauft, sondern zugeteilt. Schon bald entstand die Warstein-Brauerei auf den Wiesen der gleichnamigen Stadt und wartete mit einer Kapazität von acht Millionen Hektoliter auf.
Doch die Konkurrenz schlief natürlich nicht und kopierte die Warsteiner Brauerei mit all ihren Marketingaktionen und tollen Ideen. Die Brauerei selbst konnte bald nicht mehr ausgelastet werden. Das Image war bald ruiniert, weil recht zügig Quantität vor Qualität ging. Die Brauerei Warsteiner ging sogar den Weg, das Bier in Blechbüchsen im Discounter anzubieten. Ein Premiumbier, welches in Kombination mit kostenlosem Rasierschaum verramscht wurde? Ein Paradoxon par excellence!
Ab 2002 verlor die Warsteiner Brauerei ihre Vormachtstellung völlig und Krombacher war der neue Marktführer. Doch für einen kompletten Neustart fehlte das Geld. Der Werbeetat wurde gekürzt und betrug von anfänglich 34 Millionen im Jahr 2011 nur noch knapp 20 Millionen in 2013.
Brauerei in Warstein: Nichts Neues zu sehen?!
Die Vertriebler ärgert’s: Das neue Schwarz existiert immer noch nicht, die Bierkästen werden noch in Gelb angeboten. Die Werbekampagne vor der Fußball-WM schlug ebenfalls fehl, die besten Sendeplätze erhielten Krombacher und Bitburger. Andy Chiu, Ideengeber der Marke, ist schon wieder verschwunden.
Der Umsatz sinkt und 2014 gab es auch noch eine Kartellstrafe von 27 Millionen Euro. Nicht einmal neue Produkte helfen, wieder einen Aufwärtstrend zu spüren. Mixgetränke und alkoholfreie Produkte sind die Markttrends – Warsteiner hat diese allerdings verschlafen. Im Jahr 2006 wurden die Markenrechte für Schweppes neu vergeben – die Brauerei Warsteiner bot nicht ausreichend mit.
Martin Hötzel feiert Warsteiner-Herb als große Innovation – doch diese macht nicht einmal ein Vierzigstel des Gesamtausstoßes aus. Das Geschäft im Ausland soll’s richten – ebenso wie Hötzel an der Seite von Catharina Cramer. Hierbei ist die Marke auf langfristigen Erfolg ausgerichtet – und auf eine Dauer von fünf bis sechs Jahren. Eine starke deutsche Biermarke soll dabei entstehen.
Daher sucht Hötzel nach neuen Partnern in Amerika und Südeuropa, was allerdings teuer und bislang wenig erfolgreich ist. Es wurden Manager ausgetauscht und neue Marketingleute in alle Richtungen entsandt. Gleichzeitig wurde durch Catharina Cramer der Beirat ausgetauscht, die älteren Herrschaften wurden durch Jüngere ersetzt.
Inwieweit die Brauerei aus Warstein in Zukunft Erfolg haben wird, wird sich zeigen. Die Verantwortlichen selbst geben sich noch optimistisch, können auch noch auf Reserven zurückgreifen. Das Grundbuch ist für keine Immobilie der Cramers oder der Brauerei belastet.
Allerdings können auf Dauer natürlich keine Verluste hingenommen werden. Nimmt man nun einmal die Experten ernst, die von dem halb leeren Glas sprechen, muss allerdings von solchen Verlusten ausgegangen werden. Was dann zu tun ist, davon will heute noch niemand sprechen und alle Hoffnungen ruhen auf Martin Hötzel.
Sollte er allerdings scheitern, könnte das das Ende einer Ära bedeuten, die mit Catharina Cramer in die neunte Generation gegangen ist. Vielleicht ahnten ihre Schwestern etwas davon, denn diese ließen sich auszahlen und nahmen die Weiterführung des Familienunternehmens nicht in die Hände.
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