Was zuerst aussah wie ein kleiner Schneeball, der den Hang hinunter rollt, entwickelt sich nun zu einer scheinbar alles überrollenden Lawine.
Gemeint ist die jüngste Abmahnwelle der Rechtsanwaltskanzlei Urman + Collegen (U + C), die in Richtung der Nutzer der Streamingplattform Redtube in den letzten Tagen versandt wurden. Den Usern wird vorgeworfen, illegaler Weise Sex-Filme der Porno-Plattform gestreamt zu haben.
Zunächst sah es so aus, als wenn nur etwa 10.000 Kunden der Deutschen Telekom betroffen wären, doch wie sich jetzt herausgestellt hat, müssen mehrere 10.000 weitere Internetnutzer in den nächsten Tagen ebenfalls mit Abmahnungen von U + C rechnen oder haben diese bereits erhalten.
Was sich im ersten Moment dramatisch anhört, wird aber lange nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wurde.
Der erste Grund liegt in der deutschen Rechtsprechung bezüglich des Streamens von Dateien. Strafbar, laut Gesetz, ist nämlich nur das Herunterladen beispielsweise von Filmen, wie dies beim Filesharing geschieht.
Beim Streamen erfolgt allerdings nur bedingt ein Download. Und zwar einmal in den Arbeitsspeicher (RAM) und zum anderen in ein Temporärverzeichnis auf dem PC.
Während das Laden in den RAM kein Problem darstellt, so könnte, nach Ansicht einiger Juristen, das Speichern in einem Temporär-Ordner sehr wohl eine Urheberrechtsverletzung darstellen, sofern sich dieser Ordner nach Gebrauch nicht selber wieder löscht. Eine gerichtliche Entscheidung zu dieser Frage steht zur Zeit (Dezember 2013) noch aus.
Redtube-Skandal: Datenschutzgesetze vermutlich umgangen
Aber auch die Anwaltskanzlei Urman + Collegen hat einige Fehler gemacht, welche die Abmahnungen unwirksam machen können.
Zum einen ist es die Beschaffung der fraglichen IP-Adressen, welche sehr wahrscheinlich unter Umgehung der deutschen Datenschutzgesetze beschafft worden sind.
Des Weiteren erinnert der Antrag von U + C an das zuständige Gericht sehr stark an Anträge, die User von Filesharing-Börsen überführen sollen.
Folgerichtig erwähnte das Gericht bei der Stattgabe des Antrags nicht ausdrücklich Streamingportale im Allgemeinen oder Redtube im Speziellen. Entweder wurde das Gericht hier vorsätzlich getäuscht, oder hat nicht gut gearbeitet. Auch beides ist möglich.
Aus diesem Grund sollte man, wenn man ein Schreiben von U + C erhält, nicht gleich Panik verfallen. Auf keinen Fall sollte man die geforderte Unterlassungserklärung abgeben. Sollte solch ein Schreiben ins Haus kommen, wendet man sich am Besten an einen Fachanwalt für Internetrecht.
Trittbrettfahrer verschicken gefälschte Mails angeblicher Redtube-Abmahnungen
Und wie überall im Leben, so auch hier. Wo Geld zu machen ist, sind Trittbrettfahrer nicht weit.
Die Ganoven verschicken personalisierte E-Mails im Namen von Urman + Collegen, in denen sie überhöhte Gebühren kassieren wollen.
Damit aber nicht genug. In vielen Anhängen dieser E-Mails befinden sich ZIP-Dateien, welche Schadsoftware für Windows beinhalten. So lange man diese nicht öffnet, ist aber alles in Ordnung.
Man kann diese Mails daran erkennen, dass die Forderungen deutlich über den tatsächlichen Abmahnungen liegen und auch, dass die Kostenberechnung völlig willkürlich ist.
Da sich jedoch nur die allerwenigsten mit Anwaltsgebühren auskennen, bleibt eigentlich nur die ZIP-Datei als Erkennungsmerkmal. Niemand verschickt eine so kleine Datei im ZIP-Format. Üblich sind hier PDF-Dateien.
Es gilt also auch hier die alte Regel für das Internet NDK. Auf gut deutsch:
- Nicht dumm klicken. Wenn man sich unsicher ist, kann man in den bekannten Webforen versuchen, Rat und Hilfe zu bekommen.
- Ein weiterer, kompetenter Ansprechpartner ist der bereits oben erwähnte Fachanwalt.