Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/eu: am 13. Juni 2014 ist Vorsicht geboten

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Am 13. Juni 2014 wird die Richtlinie 2011/83/EU (Verbraucherrechterichtlinie) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 wirksam. Der 13. Juni 2014 hat positive Auswirkungen sowohl für Online-Händler als auch für Verbraucher. Vor allem aber sorgt die Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) nun für eine einheitliche Regelung innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU.

Verbraucherrechterichtlinie: positive Folgen für Händler

Für Händler hat dies nach einer Information der IHK Stuttgart künftig positiv zur Folge, dass die Rücksendekosten bei Ausübung des Widerrufsrechts vom Verbraucher zu tragen sind – sofern der Händler über diese Rechtsfolge belehrt. Das dürfte – als eine der am augenscheinlichsten zu erwartenden Auswirkungen – die Zahl der Spaßbesteller deutlich reduzieren. Insofern sollten Online-Händler die Verbraucherrechterichtlinie freudig begrüßen.

Verbraucherrechterichtlinie: positive Folgen für Verbraucher

Für Verbraucher ist eine der Folgen, dass die Widerrufsfrist für alle Mitgliedstaaten einheitlich auf 14 Tage ab Erhalt der Ware festgelegt wird.

Knifflig: Umsetzung und Abmahngefahr

Man darf schon fast sicher sein, dass die bekannten Abmahnanwälte bereits jetzt in den Startlöchern stehen. Da stellt sich dem Online-Händler die Frage, wie er seinen Online-Shop abmahnsicher macht. Vor dem 13. Juni 2014 gelten andere Regelungen als ab dem 13. uni 2014 00:00 Uhr. Stellt der Online-Händler die Hinweise auf Widerrufsrecht und Rückgaberecht vor dem 13. Juni 2014 um, dann entsprechen diese nicht der noch geltenden Rechtslage mit der Folge, dass er das Risiko einer Abmahnung tragen muss.

Stellt der Online-Händler die Hinweise auf Widerrufsrecht und Rückgaberecht nach dem 13. Juni 2014 um, so läuft er Gefahr, dass er in einer gewissen Zeitspanne ebenfalls keine mit der Verbraucherrechterichtlinie konformen Angaben in seinem Shop stehen hat. Wenn der Online-Händler die Anpassung also korrekt vornehmen möchte, so muss er die Umstellung auf die Verbraucherrechterichtlinie vorbereiten und exakt am 13. Juni 2014 00:00 seinen Shop umstellen.

Details zum 13.06.2014: was ändert sich?

Schauen wir uns das neue Widerrufsrecht 2014 doch einmal genauer an. Grundsätzlich verfolgt die Verbraucherrechterichtlinie das Ziel, die Rechte von Verbrauchern europaweit einheitlicher zu regeln, als dies bisher der Fall war. Für EU-Verbraucher wird es dann keinen Unterschied mehr machen, ob sie bei einem Online-Shop eines deutschen Betreibers oder bei einem Online-Shop eines französischen Betreibers einkaufen. Das vereinfacht den Einkauf, denn fremdsprachige Rechtstexte zu lesen und zu verstehen ist nicht jedermanns Sache und reduziert den Spaß beim Shoppen gewaltig. Insofern gibt das neue Gesetz dem Verbraucher mehr Sicherheit und Europa rückt so wieder ein Stück näher zusammen.

Was ändert sich noch durch die Verbraucherrechterichtlinie:

  1. Widerrufsfrist

    Die Widerrufsfrist für den Kauf durch den Verbraucher wird durch die Verbraucherrechterichtlinie einheitlich für alle Mitgliedstaaten auf 14 Tage ab dem Erhalt der Ware festgelegt. Bisher ist die Mindestfrist uneinheitlich geregelt. In manchen Ländern beträgt sie nur sieben Tage.

  2. Widerrufsrecht bei falscher Belehrung

    Fehlt die Widerrufsbelehrung oder ist sie ungültig, dann galt bisher, dass das Widerrufsrecht unbefristet bestand. Ab dem 13. Juni 2014 wird es dank der Verbraucherrechterichtlinie so sein, dass das Fehlen der Widerrufsbelehrung oder das Vorhandensein einer ungültigen Widerrufsbelehrung bewirkt, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht insgesamt 12 Monate ab dem Erhalt der Ware ausüben kann.

  3. Widerrufserklärung

    Ein wesentliches Detail bei der Rückgabe an den Online-Händler ändert sich für den Verbraucher. Hier kommt eine zusätzliche Pflicht auf ihn zu, die er zwar leicht beachten, auch auch sehr leicht übersehen kann. Es geht um die Erklärung des Widerrufs. Bisher war es für den Verbraucher recht einfach. Hatte er zum Beispiel auf ebay oder in einem Online-Shop ein Produkt erworben, so konnte er das Produkt einfach zurücksenden. Das genügte bereits um den Widerruf zu erklären.

    Durch die Verbraucherrechterichtlinie muss der Verbraucher zusätzlich noch den Widerruf explizit erklären. Wenngleich dies keinen großen Aufwand darstellt – viele werden dies in einem Begleitbrief vermutlich ohnehin getan haben – wird es sicher einige Verbraucher geben, die diese Regelung nicht beachten, weil sie in der Eile gerade nicht daran denken – oder sich der neuen Regelung noch nicht bewusst sind.

  4. Kosten der Hinsendung

    Die Kosten der Hinsendung, also die Kosten für die ursprüngliche Zusendung der Ware vom Händler an den Verbraucher, werden aufgrund der Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) künftig differenziert betrachtet. Die Kosten der Hinsendung können sich aus mehreren Teilbeträgen zusammensetzen, welche unterschiedlich zu handhaben sind.

    1. Die regulären Hinsendekosten
      Da wäre zum einen der Betrag für den reinen Transport der Ware. Für diese Kosten wird es keine Veränderung geben.
    2. Der Zuschlag für Nachnahmeversand
      Erfolgte die Zusendung per Nachnahme, so war es bisher so, dass der vom Transporteur erhobene Zuschlag für das Nachnahmeinkasso ebenfalls vom Händler zu tragen war. Jetzt wird es so sein, dass der Nachnahmezuschlag nicht mehr zu den Kosten der Hinsendung zählt und somit auch nicht mehr vom Händler zu tragen ist.
    3. Der Zuschlag für Expressversand
      Erfolgte die Zusendung (Hinsendung) der Ware per Express, so musste der Händler bisher auch den dafür erhobenen
      Zuschlag wieder zurückerstatten. Nunmehr zählt der Expresszuschlag nicht mehr zu den Hinsendekosten und der Händler muss diesen auch nicht mehr erstatten.
  5. Kosten der Rücksendung

    Möchte der Verbraucher von seinem Recht des Widerrufs Gebrauch machen, musste der Verbraucher bislang die Rücksendekosten tragen, wenn der Preis der zurückgesendeten Ware bis zu vierzig Euro betrug. Lag der Preis der zurückgesendeten Ware über vierzig Euro, so musste der Händler die Kosten der Rücksendung tragen. Dies war dann ein entscheidendes Detail, wenn der Verbraucher Waren für weit über vierzig Euro geordert hatte und nur wenige Produkte den Widerruf erklären und diese zurücksenden wollte. Wenn in diesem Fall diese wenigen Produkte im Gesamtpreis unter vierzig Euro lagen, blieb er auf den Rücksendekosten sitzen. Zudem: diese Handhabung war auch nur dann möglich, wenn der Händler hierfür eine Kostentragungsvereinbarung im Vertrag festgehalten hat.

    Nach der Verbraucherrechterichtlinie wird es so sein, dass der Verbraucher generell die Kosten der Rücksendung zu tragen hat – unabhängig vom Preis der Ware und unabhängig von einer Kostentragungsvereinbarung.

  6. Zurückbehaltungsrecht

    Dieser Punkt löst einen sehr unliebsamen Punkt der bisherigen Regelungen auf. Sowohl der Verbraucher als auch der Händler hatten bislang das Privileg, die Erfüllung der eigenen Leistung an die zuvor zu erfüllende jeweilige Gegenleistung zu knüpfen. Dies hat bei einer sicher nicht geringen Zahl von Fällen zu einer wenig sinnvollen Pattsituation geführt.

    Hier darf man von der Verbraucherrechterichtlinie nun mehr Klarheit erwarten. Künftig wird der Händler die Erstattung des Kaufpreises nur dann vornehmen müssen, wenn der Verbraucher zuvor die Ware zurückgesendet hat – oder die Rücksendung zumindest nachweisen kann.

  7. Ausnahmen vom Widerrufsrecht

    Schon bisher gab es Ausnahmen vom Widerrufsrecht. Dies bezog sich beispielsweise auf Produkte, welche für den Besteller individualisiert wurden, (Ausschlussrecht Kundenspezifikation) wie beispielsweise individuell bedruckte T-Shirts. Diese waren bislang vom Widerrufsrecht ausgeschlossen. Ebenso bestand kein Widerrufsrecht bei Produkten, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde.

    Die Verbraucherrechterichtlinie VRRL sieht vor, das künftig beispielsweise auch versiegelte Waren, welche aus z.B. Hygienegründen sich nicht zur Rückgabe eignen, vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sind.

  8. Widerrufsrecht bei Downloads

    Downloads waren bislang ein regelmäßiger Streitpunkt. Es ist völlig klar, dass ein downgeloadetes Produkt bei dem Käufer verbleibt, auch wenn der Widerruf erklärt wird. Dennoch haben bisher nur einzelne Gerichte entschieden, dass Downloads vom Widerruf ausgeschlossen sind.

    Die Verbraucherrechterichtlinie bestätigt nunmehr ganz klar, dass Downloads vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sind.


Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt auch nicht die Consultation eines Rechtsanwalts. Zudem bleibt der Irrtum vorbehalten; die hier ausgespielten Inhalte können sich auch jederzeit und ohne Vorankündigung ändern.

Bildnachweis: 60616208 – © Anja Kaiser – Fotolia.com

Über den Autor

Hans-Jürgen Schwarzer leitet die Content-Marketing-Agentur schwarzer.de. Als Marketer, Unternehmer und Verleger in Personalunion wie auch als leidenschaftlicher Blogger gehört er zu den Hauptautoren von startup-report.de und industry-press.com. Innerhalb seiner breiten Palette an Themen liegen dem Mainzer Lokalpatrioten dabei „ausgefallene“ Ideen und technische Novitäten besonders am Herzen.

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